geträumt: der feuilleton-journalist dombrowski (?), der eine physiognomische ähnlichkeit mit dem volkskundler s. hat, unterhält sich mit mir, ich will ihn fragen, wie er einen artikel schreibt, wie er dabei vorgeht, was zuerst da ist, die idee oder ein paar sätze, aber ich komme nicht dazu, obwohl ich sehr gespannt auf die antwort bin, weil ich mir davon eine art sesam, öffne dich! erwarte.

Veröffentlicht unter traum | Schreib einen Kommentar

in einem kohlekeller voller leere,

kalt, feucht und dunkel, / steh ich alleine zitternd / mit einem blauen kochtopf aus emaille / übern kopf gestülpt wie eine tüte, / der gefüllt ist bis zum rand / von der asche meiner vorfahrn / und schluchze lautlos vor mich hin / als ragte meine stimme / wie der tonabnehmer eines plattenspielers / in die nacht des weltraums. meine tränen / und die asche mischen sich / zu einem brei aus trübsal, / der unter druck so etwas wird bernstein. // in tausend tausendjahrn gehn geschöpfe / am ostseestrand entlang und / finden so etwas wie bernstein. / einander sagen sie / so etwas wie / ich liebe dich.

Veröffentlicht unter feldrainsteine | Schreib einen Kommentar

meine antwort auf die frage, was mich denn ausgerechnet an der frühen neuzeit so interessiert und fasziniert, brachte mich beim nochmaligen nachdenken darüber zu einer weitaus grundsätzlicheren aussage: ich versuche zu ergründen, wie geworden ist, was mich umgibt – sowohl in räumlich-regionaler hinsicht (das erzgebirge in seinen bezügen: sachsen und böhmen, europa, die ganze welt –wem letzteres arg übertrieben erscheint, der sei zum einen auf die verschickung von montanexperten nach west- und hinterindien im 16. und auf die konkurrenz von holzkunst-handwerkern mit chinesischen nachahmern im 21. jahrhundert verwiesen), als auch in sozial-struktureller hinsicht. eine zweite frage betrifft das verhältnis von individualität und einbezogenheit in gemeinschaft, von autonomie und traditionsabhängigkeit, und zwar einmal grundsätzlich und einmal persönlich: inwieweit bin ich von der tradition geprägt, geformt, geblendet, korrumpiert, inwieweit bin ich in meinem so-sein auf sie angewiesen und inwieweit kann ich mich von ihr lösen, ohne mich selbst zu verlieren? welche rolle spielen in diesem zusammenhang rudimente magischen denkens? das läuft auf das problem hinaus, das heraklit von ephesos mit dem aphorismus beschreibt: die eigenart ist der dämon des menschen (fragment b 119). aber die frage nach der bedingtheit und den bedingungen der eigenen existenz führt zwangsläufig zu der frage, wie und woraus sie sich im einzelnen entwickelt haben: wie geworden ist, was mich umgibt? – freilich wird man bei alledem nur immer fragen und weiterfragen, graben und tiefer graben können; es wäre vermessen, eine antwort finden zu wollen, die gültigkeit und dauer hat. thomas mann spricht im vorspiel der josephs-romane von dünenkulissen, hinter denen neue weiten zu neuen vorgebirgen lockten, er redet von scheinhalten und wegezielen, von anfängen bedingter art, an denen man sich persönlich-geschichtlich beruhigen könne. obwohl also „die brunnenteufe damit keinesfalls ernstlich als ausgepeilt gelten kann„, ist wohl dabei dennoch eine wachsende klarheit zu erwarten. — auch insofern erscheint eine schulgeschichte, die regional verortet ist, aber gleichwohl in überregionale zusammenhänge gebracht wird, als ein geeignetes mittel, um auf eine stoffmenge zuzugreifen, die amorph, unbegrenzt und unstrukturiert erdrückend und überwältigend vor einem liegt. vor jahr und tag begann ich immerhin einen text, der den titel gesellschafts-kunde tragen sollte und der irgendwann in sich selbst stecken blieb, mit der these: eine schule ist eine welt im kleinen.

Veröffentlicht unter historiografie, poetik, selbstethnografie | Schreib einen Kommentar

geträumt: ich sitze im heizungskeller und jemand, vielleicht mein vater, aber das weiß ich nicht so genau, reicht mir eigenartige gebilde, die aussehen wie kleine hühnereier und die aus einer grauen, feuchten häckselmasse geformt sind. meine aufgabe besteht darin, sie zunächst in staniolpapier einzuwickeln und danach mit einem grobkörnigen wachs zu versiegeln. mir wird gesagt, es handele sich dabei um jährliche besitzurkunden. (wo steht geschrieben, dass eine urkunde ein pergament oder ein papier sein muss? genauso ließe sich fragen, warum eine reihe von symbolen, die man auf ein solches papier mittels tinte oder ähnlichem farbstoff aufbringt, für einen rechtlich bindend ist.) offenbar müssen wir diese urkunden nachreichen, um die rechtmäßigkeit unseres eigentums zu beweisen. unklar ist, ob wir uns mit der nachträglichen anfertigung in der tradition klösterlicher urkundenfälscherei in einer juristischen grauzone befinden – oder ob dieses prozedere völlig berechtigt ist. wir müssen aber seltsamerweise pro jahr drei exemplare anfertigen. die masse reicht nicht und wir kommen nur bis 1979. die letzten „siegel-eier“ wickle ich nicht mehr in staniolpapier ein, damit ich schneller fertig bin und aus dem keller steigen kann.

während ich heinrich schützens deutsches magnificat hörte, fiel mir ein: zu einer skizzierung der intellektuellen signatur des erzgebirges in der vormoderne als einem wesentlichen, relevanten und prägenden binnensegment der bildungslandschaft mitteldeutschland gehören freilich auch die komponisten und instrumentenbauer, immerhin ist die bildungslandschaft auch eine (lutherisch inspirierte) musiklandschaft: man denke etwa an gottfried silbermanns orgeln, an johann caspar ferdinand fischer aus schlackenwerth oder an georg melchior hofmann aus scheibenberg bzw. bärenstein. – andererseits müssten nicht allein daten aus dem erzgebirgischen kreis erhoben werden (die frage des räumlichen zuschnitts ist eine weitere: was ist das historische erzgebirge?), zumindest stichprobenweise, wäre vergleichsmaterial aus ländlich(er) geprägten kursächsischen ämtern zu erheben. denkbar wäre das amt liebenwerda im kurkreis, aber das fällt bekanntlich 1815 an preußen und damit für weitergehende untersuchungen (wer weiß, wer weiß?) zu sachsen weg; eine andere möglichkeit wäre das amt oschatz. oder aber man sammelt einige proben aus beiden ämten, um den vergleich vielfältiger gestalten zu können, dann auch über 1815 hinaus. das sind jedoch, so oder so, riesige datenmengen, die man erst einmal erheben muss – vor allem andern und weiterführenden … wie bei einem buffet sind die augen zumeist größer als mund und magen.

Veröffentlicht unter böhmen, erzgebirge, historiografie, mitteldeutschland, traum | Schreib einen Kommentar

geträumt: ich erhielt einen dicken brief von einem professor klaus müller, musikwissenschaftliches institut der universität leipzig, seltsamerweise stand mir jedoch der soziologe k. m. vor augen. in dem umschlag lagen ein buch und zwei handschriftliche seiten von k. f. sowie die ankündigung einer buchpräsententation von ihr und einem weiteren autor. bei diesem buch handelte es sich halb um eine ethnografische studie, halb um einen journalistisch inspirierten reisebericht aus ostdeutschland zwanzig jahre nach der wende. ich war ein wenig neidisch, sowohl auf die idee als auch auf den umstand, sie tatsächlich umgestzt zu haben. trotzdem war ich sehr neugierig, was sie mir geschrieben hatte und was in dem mitgeschickten buch stand (das jedoch nicht der reisebericht war) – aber ich las keines von beiden.

Veröffentlicht unter ddr, traum | Schreib einen Kommentar

ich sitze in der wehrmachts-baracke (50,1 grad nördliche breite, 13,1 grad östliche länge), höre deutsche geistliche lieder von heinrich schütz und claudio monteverdis orfeo – und bin guter dinge. – beim einordnen einiger alter notizhefte stelle ich fest: meine tagebücher nehmen doch schon einen beträchtlichen raum im regal ein, ergänzt mit notizbüchern und ordnern voller entwürfe macht das inzwischen einiges her. die erinnerung muss nicht so betrübt sein, wie sie es zuweilen ist. wenn das alles auch nicht viel wert ist, wie es sich auch nach wie vor verhält, so kann zumindest eine entwicklung nachvollzogen werden. wenn das in hundert jahren eine, einer liest – und fühlt sich trotz allem ermutigt zum leben und kämpfen, ja selbst wenn ihr, ihm diese zeit der jahrtausendwende dadurch etwas vertrauter wird, ist die zeit, die ich zum notieren aufwendete, nicht vergeudet gewesen. – eine überraschung fand ich in einem alten schul-heft fand ich eine skizze: „mein heimatkreis“ – der nukleus meiner karte im kopf.

beim stichwort „jahrtausend-wende“ fiel mir auf: man muss die ereignisse der späten achtziger und frühen neunziger jahre in mittel-europa und deutschland vor allem als zeiten-wende begreifen, als tiefen umsturz aller erscheinungsformen des lebens, an denen man sich, dieseits und jenseits des iron carpet, orientiert und in denen man sich, drüben und hüben, eingerichtet hatte.

Veröffentlicht unter ddr, diarium, erzgebirge, poetik, selbstethnografie | Schreib einen Kommentar

als r. in der vorlesung von der verwüstung magdeburgs durch tilly und dessen angriff auf kursachsen sprach, der ein zusammengehen johann georgs mit gustav adolf zur folge hatte, von der sächsischen eroberung böhmens nach der schlacht bei breitenfeld – schien mir die angelegenheit des westfälischen friedens wieder einmal durchaus verlockend. aber es gibt kein richtiges leben im falschen, heißt es, was für mich bedeutet: kann ich es mir erlauben, was meine zeit und meine zuversicht anbetrifft, sekundäre oder wenigstens sekundär erscheinende themen zu bearbeiten, zu denen ich mich im wochenrhythmus überreden muss, an die ich mein herz nur mit abenteuerlichen konstruktionen heften kann – wenn zugleich der acker andernorts bereit liegt? sicher: das gras auf der anderen seite des zaunes ist immer das bessere, süssere, grünere. aber hier, auf der erzgebirgischen seite des lebens und der vergangenheit, scheint mir, funkelt jede trübe akte, jeder unscheinbare foliant ist für mich ein schieres schatzkästlein, hier will ich mich eingraben, jeden stein so lange umwenden, bis ich ihn von allen seiten und aus dem innersten kenne. – weder weiß ich, wie ich kursachsen beim westfälischen frieden methodisch herr werden soll, ich habe keinerlei ahnung und vorstellung, keine idee, wie ich dem thema neues, weiterführendes abgewinnen kann; noch weiß ich, ob ich das thema so aufbereiten kann, dass zuletzt und zuerst ich selbst damit zufrieden bin. s. k. stimmte vor zwei jahren r.s auffassung zu, mit diesem bislang unbearbeiteten thema könne man auf sich aufmerksam machen – sofern man es gut macht. genau das ist der zweite gravierende punkt. zwar wäre auch ein schulgeschichte des erzgebirges kein völliges novum und anbetrachts der zahlreichen bildungsgeschichtlichen studien in leipzig alles andere als profilschärfend, was ein alleinstellungsmerkmal anbetrifft. aber wenn man diese studie weniger als klassische geistesgeschichte betiebe, sondern mehr in sozial-, alltags- und mentalitätsgeschichtlicher hinsicht, in richtung historischer anthropologie  und bezogen auf den charakter eines grenz- und transferraums (joachimsthal, platten, kaden, schlackenwerth … müssen in jedem fall in eine untersuchung einbezogen werden), scheinen mir doch eigene akzente möglich. beim westfälischen frieden sehe ich keine synergie-effekte, bei der schulgeschichte des erzgebirges dagegen vielfältige möglichkeiten der verknüpfung, etwa, um nur ein kleines beispiel zu nennen, das mir in der vergangenen woche in den sinn kam, als ich über das erinnerungs-poem nachdachte, eine kleine, aber aparte ausstellung zum hundertsten jubiläum der schule in j. – 2014 wäre ein angemessener zeitraum.

Veröffentlicht unter erzgebirge, historiografie, westfälischer frieden | Schreib einen Kommentar

geträumt: (…) zunächst beobachte ich wie einen film eine zugreise diederich heßlings, später bin ich es selber. ich reise nach prag und muss irgendwo umsteigen. mein gepäck befindet sich auf einem kleinen wagen mit offenem verdeck, der dem zug angehängt wurde. dort finde ich aber nichts mehr bis auf eine große, grob zusammengeschnürte plastiktüte, mal weiß, mal blau. ich verstaue mein handgepäck im anschlusszug und versuche, meine übrigen taschen und koffer doch noch zu finden. schließlich treffe ich im alten zug einen bahnbeamten, der mir verspricht, meine sachen suchen zu helfen. ich beruhige mich etwas, allerdings rückt die abfahrt des anschlusszuges immer näher. ein identisches exemplar meiner handgepäckstasche findet sich, das jedoch sehr abgegriffen und verdreckt ist; meine eigene liegt ja schon im andern zug. ich gebe mich trotzdem damit zufrieden, einmal aus neugier, was darin verstaut und versteckt sein mag, einmal um den bahnbeamten zu beschwichtigen. aber inzwischen ist der zug – abgefahren. – ich wundere mich ein wenig darüber, wie aus dem kleinen häßlichen kind diederich so ein wilhelminischer haustyrann werden konnte.

b. r. hat geburtstag – und jürgen habermas. zugleich wurde, lese ich gerade, am achtzehnten juni achtzehn-neunundvierzig das frankfurter rumpfparlament aufgelöst. zu(sammen)fall? – man kann aus drei sachverhalten immer eine geschichte spinnen.

Veröffentlicht unter deutschland, poetik, traum | Schreib einen Kommentar

geträumt: in einem niedrigen zimmer, das mit hellem holz ausgeschlagen ist und viele kleine fenster hat, sitze ich im gespräch mit zwei frauen. eine ist eher konventionell gekleidet, die andere etwas spleenig, orange und blau; die erste muss eine sparkassen-beraterin sein, die andere offensichtlich eine kundin. die zweite fragt mich, ob ich den xy kenne, der sei damals, er muss so sechsundzwanzig gewesen sein, dozent am religionswissenschaftlichen institut gewesen sein. dort habe sie ihn kennen gelernt. inzwischen seien sie verheiratet und hätten ein mietshaus in leipzig gekauft. ich solle mich einmal anstrengen, das wäre doch für mich auch zu schaffen.

in diesen tagen findet landesweit ein so genannter bildungs-streik statt. man kann über die konzeption und dem anspruch, der dahinter steht, lange streiten. forderungen nach einem „wirtschafts-fernerem“ studium sind so töricht wie demonstrationen für arbeitsplätze oder schönes wetter. andererseits ist nichts so unflexibel wie ein passgenau für eine bestimmte tätigkeit ausgebildeter hochschulabsolvent. professionalisierter wissenserwerb steht immer im spannungsfeld zwischen bildung und aus-bildung. die wirtschaft ist nicht alles, aber ohne wirtschaft ist alles nichts. man ist kein zynischer marktradikaler, wenn man anmerkt, dass zunächst erwirtschaftet werden muss, was für wissenschaft, bildung, kunst ausgegeben werden kann. manche verstehen das eben nicht. wir leben nicht im schlaraufenland, in dem die pfannkuchen auf den bäumen wachsen und gänsebraten durch die luft fliegen. die transformation von bärenjagd und beerensuche über das medium des geldes in das, was man wirtschaft nennt. es bleibt jagd und suche. aber damit hört es nicht auf, denn man ist auf der anderen seite kein weltfremd-idealistischer kommunist, wenn man erstens immer wieder darauf aufmerksam macht, dass die wirtschaft für die menschen und nicht die menschen für die wirtschaft da sein muss und zweitens feststellt, dass neben dem täglich brot, dem dach über dem kopf und der wärme im winter bilder, gedichte und zuletzt oder zuerst das bedenken der bedingungen der eigenen existenz un-erlässlich ist für den bestand eines gemeinwesens. manche verstehen das eben nicht. – martin walser hebt in der süddeutschen zeitung angesichts der diskussion um die finanz- und wirtschaftskrise zu recht hervor: „nichts hilft so wenig wie praxislose gesellschaftskritik.“ (vom wesen und unwesen des geldes. eine heimstatt des vertrauens: der deutschen sparkasse zum 200. geburtstag, s. 13.) weiß gott: ich habe auch nicht die weisheit mit löffeln gefressen, keineswegs, und manches, vieles verstehe ich auch nicht. aber es ist schon ein großer schritt, andere meinungen und wahrheiten gelten zu lassen, nicht nur zu dulden wohlgemerkt, sondern: gelten zu lassen. sich lösen von der vorstellung, es könne keine wahrheiten geben, die sich widersprechen, einer von zwei propheten lüge und spiele falsches spiel – aus einfalt, aus eigenen interessen, aus bosheit.

Veröffentlicht unter bildung, traum, universität, wirtschaft | Schreib einen Kommentar

draußen läuft ein rotgefiedertes huhn vor dem zaun auf und ab, steckt gelegentlich den kopf durch den zaun und zupft an grashalmen, als seien diejenigen auf der anderen seite die besseren, ja die besten der welt. das gras auf der anderen seite ist immer das beste der welt.

Veröffentlicht unter staunen | Schreib einen Kommentar