von einem gerichtsvollzieher geträumt, der rätselhafterweise von bienen verfolgt wird; es stellt sich heraus, dass ein arbeitsloser biologe gentechnisch veränderte bienen auf ihn angesetzt hat, damit er nicht in die nähe des säumigen biologen komme. dieser lebt in einem mehr oder minder verlassenen, heruntergekommenen neubaugebiet; die bienen selbst hat er in einer kaputen straßenlaterne untergebracht. der gerichtsvollzieher kommt ihm schließlich auf die schliche; beim showdown zerschlägt der biologe die glashülle der straßenlaterne, sodass die wildgewordenen bienen massenweise ausfliegen und sich sofort auf den gerichtsvollzieher stürzen, der nur noch in einen wasserführenden graben springen und dort tauchen kann, damit er vor den bienen sicher sei. ob er erstickt oder ertrunken ist oder ob er irgendwie die bienenattacke überlebt hat und den biologen zur verantwortung ziehen konnte – ich weiß es nicht, ich wachte tiefergriffen auf. – später von einer kinderschar geträumt, die sich auf einem brunnenrand versammelt hat; eine junge frau kommt hinzu und stellt einfache mathematische fragen; die kinder sind wenig angetan, aber allmählich entwickelt ein unscheinbares mädchen erstaunliche lösungsansätze; ein junge mit einer fliege weiß zwar alle antworten, die junge frau ignoriert ihn aber und verweist darauf, dass das mädchen auch spiele, während er nur in einer bogenartigen vertiefung im brunnenrand stehe und grübele.

abends schlug ich s. g. vor, wir könnten uns einmal treffen und uns gegenseitig aus unseren fragmenten vorlesen. sie ging auf meinen vorschlag ein. daraufhin las ich einige texte, die mir gerade unter die hand kamen und fand sie kurzweilig, gelungen und nicht sehr zu verbessern; ich bekomme lust, sie fortzusetzen. später lief ich durch die nacht, es nieselte fast unbemerkbar, es war nicht sehr kalt und die natriumdampflampen am karl-heine-kanal glühten begeisternd. was will ich anderes als lesen und schreiben? und offensichtlich bin ich nicht so untalentiert, wie mir jüngst immer schien. die tomas-mueller-geschichten. das erzgebirgsbuch.

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es macht mich traurig, wie sich zuneigung in halbe gleichgültigkeit wandelt. bin ich eine so beliebige bekanntschaft? offensichtlich schon. die art, wie sich gewesene nähe in gleichgültige distanz verwandelt, entlarvt jede nähe als illusion und macht jedes interesse zu einer heuchelei, die einem über ein kurzes immer deutlicher bewusst wird. die eigene beliebigkeit ist unerträglich, aber zugleich unabänderlich. die neugier, die man anfänglich erfährt, ist nur die begeisterung des anderen für seine sehnsüchte, die er auf einen projeziert; sobald sich erwiesen hat, dass die projektion mit der wirklichkeit nicht übereinstimmt, macht die begeisterung langeweile platz. „wir suchen immer das vollkommene, aber wir finden stets nur menschen“, schreibt novalis. das ist das dilemma: fremde neugier verleiht uns selbstbestätigung wie sonst nichts auf der welt, ja verleiht uns selbst einen hauch von vollkommenheit. umgeben von subjekten, bleibt man selbst solange objekt, bis man äußeres interesse erfährt. das nachlassen von interesse bis zu seinem vollständigen entzug stellt eine ent-subjektivierung und re-objektivierung dar, deren bewältigung in der selbstaufgabe zu suchen, also eigentlich nicht durchzuführen wäre.

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zum geleit

über (unter) den nachfolgenden text-stücken sollen zum geleit drei zitate stehen:

eine fremde umgebung bietet neue erkenntnisse und einsichten. ich erwachte diesen morgen in einem hotelzimmer mit einer erinnerung an einen traum im kopf, der mir einen weg zu weisen scheint. ich hörte darin einen mann über einen schriftsteller sprechen, der tausende (!) kurzgeschichten geschrieben habe, die alle miteinander mystisch verbunden seien– von diesem wort war im traum tatsächlich die rede, dieses wort war der anknüpfungspunkt der erinnerung. (17. oktober 1998, algarve.)

ich liebe die skizze, sie ist aufbruch, kennt noch nicht das ende, sie ist immer noch auf dem weg. eine erzählung oder eine novelle verlangt ausgewogenheit, geschlossenheit bis in den letzten satz, in der skizze dagegen lebt noch immer das uralte misstrauen gegen die fertigkeit, gegen die vollendung, die form. (hanns cibulka, dornburger blätter, in: ders., tagebücher, halle/leipzig 1976, s. 236.)

das fragment, das sich niemals zu etwas geschlossenem, gar abgeschlossenem schließt, ist die form, in der sich erfahrung mitteilt, die ihres zentrums, ihres zentralen bezugs nicht sicher ist. eines zentralen bezugs, der nicht einfach verloren ist, aus dem der erfahrende nicht einfach herausgefallen ist, sondern den es, von hier aus gesehen, nie gegeben hat, dessen bezüglichkeit eine historisch konkrete und konstituierende illusion war. wer im fragment redet und erzählt, hat den illusionscharakter des zentralen bezugs durchschaut. auf erzählung hin betrachtet, heißt das etwa, dass das schildern, ausgestalten, abrunden von figuren und schauplätzen (‚prallen‘ figuren, ‚lebendigen‘ schauplätzen) bloße vorgabe ist. (helmut heißenbüttel, der text ist die wahrheit, in: heinz ludwig arnold (hrsg.), alexander kluge. text+kritik 1985/86, münchen 1985, s. 4.)

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das erste, was mir ins auge fiel, als ich s.g.s zimmer betrat, war nicht nicht etwa ihr cello, sondern ihr (großes) bett … – was kann man für seine gedanken und assoziationen?

„s. r. ist doch kein nazi.“ – „du musst nur einmal mit ihm etwas trinken gehen, dann findest du heraus: der ist linker als wir alle.“ (t.f.). – aha.

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nachmittags in der lindenauer buchhandlung; ein bändchen gratis: „jünger in wilfingen“ – einige hübsche fotografien. „wir haben das vom verlag bekommen und dachten uns, vielleicht mögen sie dieses bändchen mitnehmen, wo sie schon so viel jünger kaufen.“ – ob ich jetzt in die kategorie „rechtskonservativer“ eingestuft worden bin – und sei‘ es drum: das alles gibt es also (jünger) – und noch viel mehr (reiser) …

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im fernsehen zwei ältere musical-darsteller über ihre erste begegnung: wir lernten uns bei der ausscheidung kennen. – man muss nur genau genug beobachten und man hat jede menge vergnüngen.

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spät auf, ein wenig geräumt, weil mir zu allem anderen der mut des beginnens fehlt. freilich: vielleicht sollte ich einfach anfangen – sit down and start up. die übung, der meister, tages arbeit und so fort – non ignoro.

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auf d.s geburtstagfeier kam die frage auf, ob sich denn die studierendenschaft der alma mater lipsiensis am jubiläum beteilige; es gäbe so viele möglichkeiten …

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und dann fand ich noch einen beitrag in der frankfurter, der meiner leidenschaft für alte kulturpflanzenarten beispringt:

wir müssen uns dessen bewusst werden, dass alte weizen- und kartoffelsorten ebenso schützens- und erhaltenswert sind wie der regenwald in amazonien oder die berggorillas in ostafrika.

ferner nütze es gar nichts, die alten sorten lediglich in einer genbank aufzubewahren, vielmehr müssten sie jahr um jahr neu ausgesät werden, damit sie sich an die sich verändernden umweltbedingungen ständig anpassen und insofern weiterentwickeln können.

als ich abends durch den park fuhr, schienen mir die drei ziele wieder erreichbar: familie (eine frau fürs gemeinsame gefahrenbestehen, für gedichte, facultas amandi und zum einschlafen, und mit ihr zwei, drei töchter), forschung (einstweilen: dreißigjähriger krieg und die strukturkrise im erzgebirge; lehre), literatur (mein leben erkunden).

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nun schreibt auch die faz über den bedenkenswerten vortrag des bundesverfassungsrichter di fabio, den man für gemeinhin ja etwas skeptische betrachten sollte:

weltpolitischer wandel legt nach aussage schäubles nicht nur die anpassung einzelner rechtsvorschriften nahe, sondern zwingt dazu, grundlegende ordnungsprinzipien des neuzeitlichen rechts zu überdenken. dazu gehört etwa „die strikte trennung zwischen völkerrecht im frieden und völkerrecht im krieg“. sie entspreche „den neuen bedrohungen nicht mehr“. die durch diese bedrohungen heraufgeführte lage beschreibt schäuble als „auflösung des gegensatzes von innerer und äußerer sicherheit“. (…) di fabios erinnerung daran, dass zur freiheit „auch die einhaltung der kompetenzordnung für die öffentliche gewalt“ gehört, „sei sie gezogen durch die charta der vereinten nationen, die europäischen verträge, die verfassung oder das gesetz“, erschüttert die intellektuelle basis von schäubles projekt der rechtsordnungsreform im zeitalter der neuen bedrohungen. aber präzise sagt die fabio, „dass getrennte rechtsräume und die vorstellung von innerer und äußerer rechtsordnung zur disposition gestellt scheinen“. (…) „zwischen polizei und militär verläuft jedenfalls eine grenze zwischen innen und außen, deren wahrung man durchaus als zivilisatorische errungenschaft betrachten kann [di fabio].“

da wird die axt an die wurzel europäischer rechtstraditionen gelegt; ähnlich wie beim folterverbot ist sowohl das gewaltmonopol des staates als auch die trennung von innerer und äußerer sicherheit, mehr aber noch die trennung von völkerrecht im krieg und völkerrecht im frieden keine einrichtung, die aus iux und dollerei entwickelt wurde, sondern durch bittere erfahrungen insbesondere seit der frühen neuzeit, man denke nur an die massive unsicherheit durch überhandnehmendes fehdewesen oder vor allem an den dreißigjährigen krieg. die unterscheidung von zivilpersonen und militärangehörigen ist ein zivilisatorischer fortschritt ersten ranges, der mühsam errungen wurde und dessen verteidigung alle mühe wert ist. bevor man eilig dergleichen in den orkus gibt, sollte man reiflich nachdenken, generationen von europäischen völkerrechtler waren ja keine ausgesprochenen dummköpfe und auch keine weltfremden idealisten. „grundlegende ordnungsprinzipien des europäischen rechts“ sind eben grundlegende ordnungsprinzipien, die man nicht mal so en passant „reformieren“ oder „anpassen“ kann. und wenn man schon eine auflösung des gegensatzes von innerer und äußerer sicherheitheit feststellt, so sollte der schluss eher dahin gegen, weltinnenpolitik zu betreiben als eine militarisierung nationalstaatlicher innenpolitik.

abends in ein paar büchern herumgelesen, piltzens biografie über august den starken, jürgen beckers „aus der geschichte der trennungen“. nach dem lesen allenthalben guter dinge: es hilft tatsächlich nur die literatur … aber es dauert alles so lange, alles so mühsam. oder: ich muss geduldiger werden.

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