geträumt: herzliches einvernehmen mit c.s., die bekanntgab, ihre professur für alte geschichte an der universität in a. (!) aufzugeben; ihre abschlussrede: „s.r., der einzigartige j.er …“ ich grübelte über gründe für ihre schmeichelei. zugleich stellte sie in ihrer rede heraus, dass sie den sinn einer universitätsansiedlung mitten in der tiefe der provinz bezweifelte. leider fiel mir nicht die kürzlich gelesene flaubert-sentenz ein, wonach alles universale (mithin auch die universität) aus dem regionalen erwachse. aber immerhin meldete ich mich zu wort und beharrte auf der gegenposition, eine forschungsstätte ohne ablenkung, ein hort von büchern und denken mitten im grünen, weit weg von allem – der elfenbeinturm, gewiss.

wir vermaßen die terrasse, um eine pergola zu bauen; wenn ich nur wenigstens handfest-sichtbare dinge erschaffen könnte, aber selbst dazu fehlt mir: weniger fähigkeit als vielmehr mut, immerhin könnte es ja misslingen. ich habe mir eine alte wehrmachtsbaracke als bücherlager ausgebaut! damit man dann am lagerfeuer wie von heldentaten berichten kann … – manchmal frage ich mich, wohin all meine zuversicht in meine fähigkeiten und begabungen entschwunden ist, ich verwundere mich über ihren verlust, sie zerbröselte, ohne dass ich es recht bemerkte. zuweilen male ich mir aus, ob ich etwa glücklicher wäre, hätte ich zuerst eine ausbildung gemacht, als gärtner und landschaftsgärtner; glücklicher wäre ich oder besser: beruhigter, wenn ich ein kleines einkommen hätte, das mir gestattete, mein leben zu leben, mit u. und kindern, dichtung und forschung, reisen im kopf und in der welt (ersatzweise: sachsen und mitteleuropa). mehr will ich doch nicht. aber das ist schon ungeheuer viel, nicht wahr? andererseits (auch das ein ewig-alter hut, kein leitmotiv, sondern eine leier): dann fang doch an!

diese unerklärliche besessenheit irritiert mich immer aufs neue, dieser tiefe wunsch, die eigene männlichkeit durch amouröse abenteuer unter beweis zu stellen nach der gleichung: je mehr abenteuer, desto männlicher. – wie entledigt man sich derlei kultureller muster? das wäre ein akt der emanzipation.

eben trat ich auf die terrasse und sah in leipzigs abendhimmel, ursus maior hoch droben, schon früher hatte ich im westen venus leuchten sehen und mir gedacht: meerstern, dich grüß ich! der geruch der mülltonnen mischte sich sanft mit dem duft der kastanienblüten; wenn sie nicht die moniermotte ruiniert, wird sie beim abriss des hauses gefällt, armer baum. melancholie verkrampfte sich in meiner brust, zugleich machte sich eine große ruhe breit und fast stieg so etwas wie zuversicht herauf, aber das passiert immer erst spät abends bei müdigkeit; tagsüber sperren sich die geschäfte, die aber dann ohnehin nicht erledigt werden. so auf der terrasse stehen und das beobachtete beschreiben; ich könnte immer mit dem rechner herumlaufen und eintragen, was mir einfällt und durch den kopf geht, aber wer sollte diese tiraden lesen wollen? und doch, ich fühle mich wohl beim notieren und das bewusstsein notiert zu haben, stärkt mir das rückgrat. – schluss.

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am späten nachmittag sah ich aus dem fenster, die tal- oder salzerstraße kamen die drei älteren damen b., b., s., letztere mit einem beutelchen voller äste, die sie unterwegs sammelte; etwas weiter vorn spielte nachbar h., auch schon jenseits der dreißig, mit seiner freundin federball – ein gerafftes sittenbild des erzgebirge für das ich treffendere worte finden müsste. schön zu beobachten, damit könnte ich mein leben zubringen, immerzu beobachten. aber ich gehöre auch dazu und muss essen, trinken und mit frauen kinder haben und ernähren …

abends den garten gesprengt; befriedigung wäre daraus zu ziehen, wenn ich den tag zuvor gearbeitet hätte, blätter beschrieben, bücher gelesen und nachgedacht.

ulla hahns buch über die wehrmachtsverbrechen begonnen, es wurde halb vier, bevor ich das licht löschte. eigentümlich fesselnd, obwohl keineswegs spektakulär erzählt, leuchtet es dennoch auf sonderbare weise. wie man das hinbekommt: in einem plauderton allerweltsdinge verhandeln – und doch funkeln sie. – so schlägt man die zeit tot.

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geträumt: auf dem weg zu u. mit m.q. einkaufen, dabei brachte sie es zustande, dass die kassiererin einen ungleich niedrigeren preis zusammenrechnete als die waren eigentlich verlangten, dann besaß sie noch die unverfrorenheit, irritiert die summe zur kenntnis zu nehmen – und im bewusstsein, dass der trick ein zweites mal klappen werde, bestand sie darauf, noch einmal zusammenzurechnen. trotzdem kam eine ältere kassiererin hinter die betrügerei und wir rannten aus dem geschäft; später kaufte ich dort noch einmal ein, die kassiererinnen erinnerten sich an mich und hielten mich fest, ich versuchte noch, aus dem landen zu fliehen, aber die selbstschließende glasschiebetür hielt mich fest, ich konnte aber vereinbaren, das unterschlagene geld zu einem späteren zeitpunkt zurückzubringen. – ich fuhr in einem bus zu einer feierlichkeit, die eine verwandte-bekannte im tschechischen beging, der bus sollte alle gäste einsammeln und zu der einsam gelegenen gaststätte bringen. mit einer familie im bus entspann sich ein arger streit, ich studierte und promovierte doch nur, um dereinst mit eine doktordiplom angeben zu können, heftige entgegnungen meinerseits. wer seine arbeit nicht mit freude mache, der könne sie gar nicht machen. aber eigentlich hatte ich gar keine zeit, denn eigentlich musste ich zur vorlesung r.s; außerdem hatte es heftig geregnet und es war unsicher, ob die straßen überhaupt befahrbar waren, ich sah auf die uhr in der gaststätte, wo wir inzwischen angelangt waren, und erkannte voll schrecken, dass es bereits zwanzig nach elf war, die vorlesung hatte bereits begonnen; mit meinem vater fuhr ich schnell in einem alten audi 80 los, hatte aber mit schmierigen straßen zu kämpfen und rutschte mit dem rechten kotflügel an einen straßenbaum – da wachte ich auf.

der dritte teil des un-klimaberichts wurde vorgestellt, die nächsten acht jahre bis 2015 seien entscheidend für eine abwendung der schlimmsten szenarien, danach müsse der co2-ausstoß kontinuierlich zurückgehen.

wenn mein leben mit den persönlichen aussichten wie auch mit denen der ganzen welt, in der klimawandel und globalisierung für den engeren deutschen und europäischen horizont zunehmend düstere bedingungen schaffen, ein film wäre, der im fernsehen liefe, ich schaltete weiter, denn es kann sich nur ein bitteres melodram entwickeln. man hätte keine lust auf einen solchen film. aber es ist mein leben und es gibt keine fernbedienung. be patient with your life!, der alte gassenhauer. andererseits bin ich zufrieden mit den bahnen, in denen es jetzt läuft, ich lebe mit einer wunderschönen, lieben frau zusammen und kann dinge treiben, die mir spaß machen. die sorge der beständigkeit ist indessen immer da. – wenn ich jedoch durch das erzgebirgsvorland während der abenddämmerung fahre, bekomme ich so große lust zur tätigkeit, dass ich gar nicht verstehen kann, wie ich ängstlich an meinem schreibtisch sitzen kann; gewissheit, dass ich vor dem weißen papier werde bestehen, es werde füllen können.

schreiben will ich; ein gelehrter dichter: poeta doctus

man sucht in der welt immer nach zeichen, aber die welt bleibt stumm; als ich in den ort fuhr, lief mir ein getigertes kätzlein von rechts nach links über den weg: guter dinge. kein zeichen nützt ohne die innere bereitschaft es auszufüllen. die guten dinge müssen innen liegen – wie die schönheit.

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geträumt: nachts um zwei ins bett, licht und kettenrasseln, maschinenlärm, vetter und frau auf dem dach, erdaushub.

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geträumt: expedition. steine, wasser, schwanenförmiges brot, dickflüssige blutfarbene flüssigkeit. sprechen christlicher gebete bewirkte unter bassmurren ein ausfahren des innewohnenden bösgeistes.

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kartoffeln gelegt. abends angegossen, dabei überlegte ich mir, wie es wäre, wenn ich dereinst eine geisteswissenschaftliche brottätigkeit in der gegend hätte, etwa als leiter des kreisstädtischen archivs oder des kreisarchivs, dabei forschen und dichten, gelegentlich zu vorträgen und tagungen fahren könnte, sozusagen der erzgebirgs-intellektuelle wäre und zugleich gelegenheit zu etwas land- und forstwirtschaft hätte, beispielsweise eher schluss machen müsste, um kartoffeln zu legen oder heu einzufahren … sagt die eine sachbearbeiterin zur andern: der chef ist heute schon weg, er hat noch heu zu liegen und das muss eingefahren werden, bevor es abend wird und gewittert. -aber wie sollte mir derlei gelingen? und wie wäre u. ins erzgebirge zu locken? – „der chef“: phantasia irrealis.

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schönheit von innen – als entsprechung der eigenen gene.

g.w. mit ihren brünetten, lockigen haaren im kopierladen, schön zu betrachten. – nur betrachten, wie aschenbach jünglinge am strand …

fahrt durch den park, ein fast krampfartiges glücksgefühl – warum nur? – beim anblick der bäume, der wiesen und wasserflächen, betrachtungen: schreiben mit dem computer, ein dichter, ein lyriker, nicht allein sterben müssen, eklektik, vergänglichkeit.

s.ens bock sei eingesperrt, zahlreiche hühner rennten herum, große anlage, etwas „verwildert“ (r.).

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in der tat scheint eine jeans ein anderes lebensgefühl zu erzeugen, wie ich in der nietenhose geraden rückens durch die stadt lief, sehr erhebend, ich fühle engagement und dynamik.

es gibt keine garantie dafür, dass es gelingt – entweder man gibt sich einer philosophie des augenblicks hin (nutze den tag!) oder man findet einen philosophischen dreh, der das garantielose leben aushalten lässt. eigentlich besteht die aufgabe der philosophie darin, diesen dreh zu finden, so dass man leben kann, obwohl es keine garantie gibt, dass es glückt.

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geträumt: gewaltige atomexplosionen in amerika und infolgedessen auch in arabischen städten. man kann sich fragen: warum infolgedessen auch?- der streit zwischen zwei garküchenbetreiberinnen, die einen neuen laden suchen, die eine alt und dick, hat dabei wenig erfolg (manchmal schien mir es, als sei ich sie, aber es blieb immer ein rest distanz), sie verlässt eine vermieterin mit abschlägigem bescheid, aber muss das verlangen in sich niederkämpfen, noch einmal zurückzukehren und zu flehentlich zu bitten, ihre würde und selbstachtung will sie sich behalten; wenig später kommt ihre jüngere, schlanke und – wie sich später herausstellt – ukrainischstämmige kollegin, die sofort den zuschlag erhält. lehre: der kapitalismus gewährt weder würde noch selbstachtung; um zu überleben, muss man notfalls auf beides verzichten – oder den untergang akzeptieren wie im mythos, man denkt an den spartaner leoniadas oder etwa dietrich von bern und seinen waffenmeister hildebrand. die vermieterin, die sich mit der ukrainierin dann noch in unternehmerischen expansionsphantasien ergeht, stellt sich als zynische manchester-kapitalistin heraus, die sich in verachtungstiraden über insbesondere sachsen-anhalt hineinsteigert, wo sie jüngst durchgefahren sei, nur alte, verfallene dörfer und mutlose menschen. auf meinen einwand, es sei eben nicht so einfach unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen bedingungen (stichwort: globalisierung, natürlich …), in einem land, das nur teilweise industrialisiert gewesen ist – chemiewerke in leuna-bitterfeld -, von jetzt auf gleich eine stabile, selbsttragende wirtschaft einzurichten, wird sie laut und versucht mich niederzuschreien, nach dem krieg sei es bei ihnen ebenso schlimm gewesen, schlechte ausgangslagen seien keine entschuldigung, dann müssten die leute eben weggehen. daraufhin begann ich auch zu schreien, ich wollte mich nicht von ihr niederbrüllen und so besiegen lassen, dann blieben im lande nur rentner, ausländer und neonazis zurück, eine npd-landesregierung – ich danke, das sei ein eindrucksvolles signal für die welt und die weltwirtschaft. ich war froh, weitergeschrieen und nicht den faden verloren zu haben. – weiteres, das ich jedoch inzwischen vergessen habe.

erst spät auf, so kann das natürlich nie etwas werden mit der dichterei und der wissenschaft, aber wie abhilfe. ich weiß schon: die arbeit muss locken, aber im augenblick fürchte ich mich vor jedem tag, dass er mich erschlagen könnte. das ist die lähmung.

bei der lektüre poetischer notizen bin ich doch erstaunt über meinen einfallsreichtum und sehe mein schicksal wieder einmal heller.

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durch zufall bemerkt: 460. jahrestag der schlacht (niederlage) bei mühlberg.

trübes, feuchtes, aber angenehm warmes wetter. auf dem weg durch den park poetisch-lyrische stimmung, es gäbe soviel zu tun und ich habe bei solchen eindrücken immer so große lust – aber was lähmt mich dann nur doch?

in der bibliothek t.r. – eine grundsympathische frau und hoffentlich so etwas wie eine vertraute freundin; schließlich abermals die philosophiestudentin aus der studienstiftung im vorübergehen, leider mit hohen, braunen stiefeln …

abends in blaschkes reformationsgeschichte gelesen, man bemerkt die adresse eines breiteren publikums ähnlich der archiveinführung; trotzdem einige interessante passagen zum frühneuzeitlichen finanzstaat und ein zitat, das auch bei s. auftaucht, eine verszeile von justinus kerner. – bei genauer betrachtung werden die heroen entzaubert und ihre taten erscheinen menschenmöglich, mir möglich.

(…) „herrlich“, sprach der fürst von sachsen, / „ist mein land und seine macht, / silber hegen seine berge / wohl in manchem tiefen schacht.“ (…) (justinus kerner, der reichste fürst.)

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