nun schreibt auch die faz über den bedenkenswerten vortrag des bundesverfassungsrichter di fabio, den man für gemeinhin ja etwas skeptische betrachten sollte:

weltpolitischer wandel legt nach aussage schäubles nicht nur die anpassung einzelner rechtsvorschriften nahe, sondern zwingt dazu, grundlegende ordnungsprinzipien des neuzeitlichen rechts zu überdenken. dazu gehört etwa „die strikte trennung zwischen völkerrecht im frieden und völkerrecht im krieg“. sie entspreche „den neuen bedrohungen nicht mehr“. die durch diese bedrohungen heraufgeführte lage beschreibt schäuble als „auflösung des gegensatzes von innerer und äußerer sicherheit“. (…) di fabios erinnerung daran, dass zur freiheit „auch die einhaltung der kompetenzordnung für die öffentliche gewalt“ gehört, „sei sie gezogen durch die charta der vereinten nationen, die europäischen verträge, die verfassung oder das gesetz“, erschüttert die intellektuelle basis von schäubles projekt der rechtsordnungsreform im zeitalter der neuen bedrohungen. aber präzise sagt die fabio, „dass getrennte rechtsräume und die vorstellung von innerer und äußerer rechtsordnung zur disposition gestellt scheinen“. (…) „zwischen polizei und militär verläuft jedenfalls eine grenze zwischen innen und außen, deren wahrung man durchaus als zivilisatorische errungenschaft betrachten kann [di fabio].“

da wird die axt an die wurzel europäischer rechtstraditionen gelegt; ähnlich wie beim folterverbot ist sowohl das gewaltmonopol des staates als auch die trennung von innerer und äußerer sicherheit, mehr aber noch die trennung von völkerrecht im krieg und völkerrecht im frieden keine einrichtung, die aus iux und dollerei entwickelt wurde, sondern durch bittere erfahrungen insbesondere seit der frühen neuzeit, man denke nur an die massive unsicherheit durch überhandnehmendes fehdewesen oder vor allem an den dreißigjährigen krieg. die unterscheidung von zivilpersonen und militärangehörigen ist ein zivilisatorischer fortschritt ersten ranges, der mühsam errungen wurde und dessen verteidigung alle mühe wert ist. bevor man eilig dergleichen in den orkus gibt, sollte man reiflich nachdenken, generationen von europäischen völkerrechtler waren ja keine ausgesprochenen dummköpfe und auch keine weltfremden idealisten. „grundlegende ordnungsprinzipien des europäischen rechts“ sind eben grundlegende ordnungsprinzipien, die man nicht mal so en passant „reformieren“ oder „anpassen“ kann. und wenn man schon eine auflösung des gegensatzes von innerer und äußerer sicherheitheit feststellt, so sollte der schluss eher dahin gegen, weltinnenpolitik zu betreiben als eine militarisierung nationalstaatlicher innenpolitik.

abends in ein paar büchern herumgelesen, piltzens biografie über august den starken, jürgen beckers „aus der geschichte der trennungen“. nach dem lesen allenthalben guter dinge: es hilft tatsächlich nur die literatur … aber es dauert alles so lange, alles so mühsam. oder: ich muss geduldiger werden.

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