(…) die autoritätsgläubigkeit ist ja gerade oft unter den katholiken sehr weit verbreitet und dieser gehorsamsgedanke, das was der papst sagt, ist in ordnung, ist sehr stark verbreitet und viel weniger die eigenverantwortung, die eigentlich dem christen von der botschaft jesu her zukommen würde. die steht im hintergrund, sagt der katholische theologe gotthold hasenhüttl im hinblick auf die diskussion um den fundamentalismus benedikt xvi., des gewesenen panzerkardinals. die eigenverantwortlichkeit gegenüber der schrift einerseits und den dogmatisch-autoritär gesetzten glaubensauffassungen einer wie auch immer bestimmten kirchenobrigkeit gilt freilich auch für augsburger konfessionsverwandte. wenn ich mir manch eine aussage eines protestanten ansehe, kann ich nicht unbedingt einen großen unterschied zur besagten katholischen autoritätsgläubigkeit ausmachen. ein blick auf die aussagen von pfarrer w. macht das augenscheinlich: da ist vom „rauen klima des pluralismus im großstädtischen bereich“ die rede, in der sich eine christliche gemeinde behaupten und durchsetzen muss – ergo: plurarismus ist schlecht per se. das trifft sich dann mit der benediktinischen hetze gegen die relativierungen in der moderne. es ließe sich vulgäraufklärerisch zugespitzt bemerken: früher konnte man die häretiker wenigstens verbrennen … aber mir geht es nicht um simplifizierende religionskritik à la marx und feuerbach: religion ist opium fürs volk. wo kirche ist, ist dogmatisierung; es kommt aber gerade darauf an, plurale lesarten zu dulden. wo zweie die die bibel lesen und studieren, entwickeln sie nicht eine lesart. freiheit zur variabilität des glaubensausdrucks heißt das in der protestantischen liberalen theologie. variabilität geht nicht notwendigerweise mit einem verlust an gewissheit einher, ganz im gegenteil: wenn man sich auf die duldung anderer auffassungen einlässt, stärkt das nur um so mehr die eigene auffassung, denn in der auseinandersetzung mit anderen wächst schlussendlich die subjektive eigene wahrheit. von mir selbst absehen und auf die anderen zugehen – lese ich als kern des christentums. das bedeutet, die anerkennung der eigenen subjektivität und auf das dogma zu verzichten – setzt es voraus und zieht es nach sich. dogma und gewaltlosigkeit schließen sich aus, weil gewaltlosigkeit die anerkennung des anderen einschließlich seiner wahrheit und in der folge dialog bedeutet.
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