wir sprachen über nationen und nationalitäten. l. fragte mich, ob ich mich als deutscher fühlte: man kann sich nie so ganz aus dem ei schälen, in das man geboren wurde. das vergessen immer diejenigen, die kein gutes haar an land und leuten lassen – um sich, so kann man vermuten, damit aus der verantwortung gegenüber der geschichte zu winden, die auch den nachgeborenen zukommt. selbstbeschimpfung ist kein mittel, um mit der bürde der vergangenheit umzugehen und man entgeht der bürde nicht, indem man sich des deutschen zu entledigen versucht: wohin man auch geht, welche sprache man auch lernt, welcher kultur man sich auch immer anzugleichen bemüht, ein rest wird bleiben. – ein paar kilometer weiter südlich und ich hätte tschechisch gelernt, wäre tschechisch sozialisiert worden. aber ich bin in den … deutschen sprach- und kulturraum geboren und dort aufgewachsen, die sprache und kultur prägten mich so sehr, dass ich ohne sie (sondern mit dem tschechischen beispielsweise) nicht derjenige wäre, der ich heute bin. es ist eine illusion zu glauben, man könnte sich ganz von seiner herkunft lösen – und aus der bürde, die damit verbunden ist. — ich habe keine zeit, das ins einzelne auszuführen, das muss ich zwar gewiss einmal tun, aber im augenblick fehlt mir die zeit und damit die freiheit zum schweifenlassen der gedanken.

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