abends eine dokumentation über die portugiesische künstlerin joana vasconcelos,1 die gegenstände mit häkeleien überzieht und damit merkwürdigerweise einen ästhetischen effekt erzielt, der über das bloße kunsthandwerk hinausreicht. – klöppeleien anfertigen und damit gegenstände überziehen und klöppeleien in hohlräumen (flaschen, kirchen, bergwerks-stollen, industrie-ruinen, wo sie maschinen ver-schleiern) auf-spannen: klöppel-künstler/in. klöppelei als ein niederschlag, als explizite ausformung eines kulturellen gedächtnisses ähnlich des „bunten rockes“ von josef, seiner ketônet passîm, wie es von thomas mann in seinem romanwerk beschrieben wurde.2 dabei sollten mithilfe der spitzen szenen aus der wirtschafts- und industriegeschichte des erzgebirges gestaltet sein, so wie man sie sich in der gegenwart vorstellt, von kaspar neitzelt und daniel knappe bis zu den abgewickelten maschinenbau- und textilfabriken. zwischen dem betrachter und dem gegenstand, dem artefakt vergangener wirklichkeit, steht die spitzenklöppelei mit ihren ausgestalteten vergangenheits-vorstellungen wie die erinnerung: gegenstände, die von erinnerung eingesponnen sind, werden artefakte.

1 sarah blum, künstler hautnah: joana vasconcelos, arte 2010.

2 thomas mann, josef und seine brüder, ffm. 2007, s. 216f., 349. – vgl. daneben jan assmann, thomas mann und ägypten, mnch. 2006, s. 67-83, insbes. s. 69-71; assmann begreift mann als kulturwissenschaftler avant la lettre, der innerhalb seines romans „einen der klügsten, reflektiertesten und differenziertesten“ (17) versuche unternommen habe, eine theorie des kulturellen gedächtnissses zu entwerfen, „eher am konkreten beispiel exemplifiziert als abstrakt-begrifflich entfaltet“ (71), wie assmann dem dichter zugesteht.

Dieser Beitrag wurde unter erinnerung, erzgebirge, poetik veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert