„(…) und überall sind es die teenager und die zwanzigjährigen, die den von der nachkriegsgeneration in leichtfertiger manier angehäuften schuldenberg abtragen werden. schon jetzt nennt man sie die lost generation, die verlorene generation.“1 – an diesem zweifelsohne berechtigten befund verstört vielleicht am meisten der umstand, dass es sich gerade um jene generation handelt, die nach dem ende der blockkonfrontation in eine schöne neue welt geboren wurde, in der alles möglich schien – fortschritt, wohlstand, frieden, eine welt-zivilgesellschaft, die auf einem breiten, selbstbewusst-bescheidenen mittelstand ruht. alles schien möglich – außer dieser traurigen, trostlosen perspektive.

wenn man diesen aspekt in den blick nimmt, muss man – zwingend – zu dem schluss kommen, dass wir noch lange nicht mit der ddr und dem ostblock fertig geworden sind und dass alle erzählungen über die überlegenheit des westens, the end of history 1989 und the final victory of democrazy, die gegenwärtig im schwang sind, nicht zureichen, ergänzt, ja neu und anders erzählt werden müssen. soviel zu hans-ulrich wehlers diktum von der ddr als fußnote der deutschen geschichte. der wettbewerb der systeme hat sich viel tiefgreifender in der entwicklung des westens niedergeschlagen als es seine proklamatoren und promotoren wahrhaben wollen. dabei habe ich keine ehrenrettung des sozialismus im sinn, sondern lediglich eine ernüchterung im blick auf die eigene gegenwart und die ambivalenz ihrer vergangenheit. immer wieder komme ich zurück auf johan huizingas beschreibung der geschichte als je eigener versuch einer bestimmten gegenwart, über sich selbst rechenschaft abzulegen. das wort sic transit gloria mundi lässt sich folglich auch so deuten, dass der ruhm immer mehr abnimmt und sich zuletzt ganz auflöst, je länger man über die umstände nachdenkt, die ihn – angeblich – einst hervorbrachten.

1 wolfgang koydl, britannien zerbricht, in: sz vom 10.08.11, s. 4.

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